St. Wilhelm
Bezirk Spandau, Berlin

St. Wilhelm

St. Wilhelm - im Geiste des 2. Vatikanischen Konzils

Der Architekt Ulrich Craemer erbaute von 1963-65 im Spandauer Wilhelmsviertel von Berlin die katholische St. Wilhelm-Kirche. Dabei nutzte er eine alte Kiesgrube und somit den Höhenunterschied zur Straße geschickt aus und setzte auf ein tief liegendes Gemeindezentrum, bestehend aus zwei parallel zur Straße liegenden Flachbauten und einem zurückgezogenen Kirchenuntergeschoss einen kubischen Kirchenbau auf Stützen, der etwas von der Straße zurückgesetzt ist. Der an der Straße gelegene Campanile weist auf die Kirche hin. Dieser vom italienischen Begriff „campana“ - Kirchenglocke - abgeleitete Begriff, beschreibt einen freistehenden, nicht mit dem Kirchenraum verbundenen Glockenturm. Katholische Christen wurden in Spandau erstmals von Friedrich-Wilhelm I., dem Soldatenkönig, angesiedelt. Er warb für seine neue Gewehrmanufaktur in Spandau 200 belgische Waffenarbeiter aus Lüttich an und erlaubte ihnen 1723 eine kleine kath. Kirche zu errichten. Die heutige St. Wilhelm-Kirche entstand anstelle eines kleinen Vorgängerbaues von 1935. St. Wilhelm ist nicht nach Kaiser Wilhelm benannt, sondern nach Wilhelm von Aquitanien, einem Cousin Karls des Grossen.

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Moderner Hallenbau für ein Gotteshaus

Craemer propagierte die Übernahme konstruktiver Erfahrungen, die bei der Errichtung von Hallen gemacht wurden, für den Bau von Sakralräumen. Sein Bemühen war jeweils auf eine klare, strenge, schnörkellose Aussage architektonischer Gebilde gerichtet, auch als Reaktion auf die Liturgiereform des 2. Vatikanischen Konzils. Der Kirchenraum soll die aktive Teilhabe der Gemeinde am Gottesdienst zum Ausdruck bringen, St. Wilhelm gehört zu den ersten Modellen für den Kirchenbau nach dem neuen Ritus. Auf dem Kirchenunterbau aus Ziegelmauerwerk, in dem sich Gemeinderäume, ein Kindergarten und Wohnungen befinden, erhebt sich über einem Betonrahmen ein gleichmäßig mit längsrechteckigen undurchsichtigen Glasfeldern verkleideter Kubus, der über dem Unterbau zu schweben scheint. Man betritt die Kirche über zwei schmale seitliche Treppen, die in einen kleinen vorgesetzten Vorraum führen.

Die Kirche verfügt über einen quadratischen Innenraum mit stählernem Dachtragwerk, das vom Kirchenraum sichtbar ist. Das Schiff misst 25,6 x 25,6 m bei einer Gesamthöhe von zehn Metern. Zwischen den Stützen sind Betonlamellen in Schräglage eingeschoben. Vor der Tragkonstruktion befindet sich im Bereich des Kirchenraums an allen vier Seiten eine Glasfassade. Zwischen den vertikalen Rahmen sind horizontale Profile angeordnet, die diese Flächen wiederum in schmale übereinanderliegende Fensterflächen gliedern. Die Isolierverglasung erstreckt sich über die gesamten Fassadenflächen in einer Höhe von etwa sieben Metern. Der obere Abschluss des Quaders besteht aus einer Betonblende. Die eigentliche Betonstützenkonstruktion des Kirchengebäudes liegt also hinter der Vorhangfassade. Sie wird im Inneren jedoch wiederum vollständig durch die nach hinten abfallenden Betonlamellen verdeckt, die das Licht nur indirekt in den Raum hineinlassen.

Die Decke besteht aus einem Raumfachwerk aus dreidimensionalen Gitterstrukturen. Damit schuf Craemer den stützenfreien quadratischen Raum, der vollständig durchlichtet ist und in dem je nach Sonnenstand verschiedene Lichtwände aufleuchten bzw. Lichtstimmungen auftreten können.

Im hinteren Drittel des Raums sind vor einer den Altarraum zusammenfassenden künstlerisch gestalteten, in den Raum gestellten Wand der Altar, die Kanzel und das Taufbecken auf einem durch drei Stufen erhöhten Podest angeordnet. Die Kirchenbänke umgeben die Altarinsel von drei Seiten. Ein Oberlicht beleuchtet den Altar zusätzlich von oben. Die Wandkonstruktion in St. Wilhelm erlaubt keinen Bilderschmuck an den Wänden. Ein Kreuzweg besteht aus von der Decke hängenden Bildplatten. Das Relief der Altarwand aus getriebenem Kupfer stammt von Jupp Zimmer aus Trier. Die Orgel ist ein 34-stimmiges, zweimanualiges Instrument und kommt aus der Orgelbauwerkstatt Ludwig Eisenbarth in Passau.

2015 und 2016 stellte die Stiftung Mittel für die Sanierung der Metall-Glas-Fassade des Schiffs zur Verfügung.

Kubischer Betonskelettbau mit Vorhangfassade auf verklinkertem Sockel mit Gemeinderäumen sowie freistehender Turm, 1963-65 von Ulrich Craemer, Förderung 2015/16

Adresse:
Weißenburger Str.
13595 Bezirk Spandau
Berlin