Die verputzte Oberfläche als Informationsträger

Putzzusammensetzungen, Ritzungen und Graffiti

Viele historische Baudenkmale sind verputzt und werden dann allgemein als „Putzbau“ bezeichnet. Der Putzüberzug kann verschiedene Aufgaben haben, beispielweise schützt er die darunter liegende Konstruktion vor Feuchtigkeit, dient der Wärmeisolierung oder dekorativen Zwecken. Verputz kann aber auch schadhaft oder repariert worden sein, abblättern oder nachträglich aufgebracht sein. Immer aber ist er auch ein Informationsträger.

Traditionelle Putze wurden aus Bindemitteln, meist Kalk, Zuschlagstoffen wie Sand oder Stroh, und Wasser angerührt. Schon ihre materielle Zusammensetzung ist interessant für die Erforschung der sich wandelnden Bautechnologie. Die verwendeten Baustoffe wiederum beeinflussen das Erscheinungsbild eines Gebäudes. Ein Lehmputz erforderte andere Zuschlagstoffe zur Stabilisierung als Kalkputz. Meist wurde der Wandüberzug in mehreren Schichten aufgetragen, mit gröberem Unterputz und feinem, manchmal durchgefärbtem Endputz. Durch chemische Analysen lässt sich feststellen, welche Bestandteile genau der Putz enthält.

Auch die Oberflächengestaltung nehmen Bauforscher unter die Lupe. Mit Maurerkelle oder anderen Werkzeugen gaben die Bauleute dem feuchten Putz durch Glattziehen, Kratzen, Stippen oder Streicheffekten eine Struktur. Besonders kunstvoll ist die Sgraffito-Technik. Hierbei trug man meist mehrere farbige Putzschichten auf. In die noch weichen oberen Lagen wurden dann Ornamente oder figürliche Darstellungen gekratzt, die die darunter liegende Putzschicht kontrastierend sichtbar machten.

Putz kann aber auch unscheinbarere Zeichen über Jahrhunderte bewahren: Ritzzeichnungen, Inschriften oder Kritzeleien geben Auskunft über Nutzer, die vor Jahrhunderten in dem Gemäuer ihre Spur hinterließen. Solche sogenannten Graffiti kennt schon die antike Archäologie.

Im Sinne eines nachhaltigen Bauens ziehen die historischen Bautechniken vergangener Epochen heute vermehrt Interesse auf sich. Sie sind ein Reservoir zukunftsweisenden Wissens im Umgang mit langlebigen Baumaterialien und natürlichen Ressourcen.