Das besondere Engagement
Bewegendes Schicksal: Karla von Malapert-Neufville bewahrt Erinnerungen.

Ein würdiges Andenken in Granit

Ein bemerkenswerter Zufall ist es sicher gewesen, als unsere langjährige Förderin Karla von Malapert-Neufville an einem warmen Tag im Mai zum Hörer griff. Das Gespräch mit der Historikerin im Ruhestand begann mit einer knappen Anfrage, doch im Verlauf des immer lebhafter werdenden Austauschs kam eine sehr ergreifende Denkmalgeschichte zum Vorschein. Sie zeigt in eindrucksvoller Weise, wie eng bürgerschaftliches Engagement und die Förderung bedürftiger Kulturdenkmale der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zusammenspielen.

Von einem sehr persönlichen und jährlich wiederholten Ritual wusste sie im Telefonat zu berichten. Ein etwas beschwerlicher Weg führte sie schon seit vielen Jahren – und in Ermangelung einer Wasserstelle vor Ort bepackt mit etlichen befüllten Kanistern – auf den seit langem verwildert wirkenden historischen Friedhof an der Evangelischen Christianskirche in Hamburgs westlichem Ortsteil Ottensen. Ihr Ziel: eine bemooste Granitstele auf dem historischen Friedhofsgelände, errichtet in den 60er Jahren als „Nasses Grab“ der zwölfköpfigen Besatzung des Motorschiffs ‚Lühesand‘, von der Reederei Harmstorf aufgestellt zum Gedenken. Das kleine Schiff war im Januar 1960 auf dem Weg von Norwegen nach Rotterdam in einen schweren Sturm geraten und unter dramatischen Umständen gesunken. Ein 16-jähriger Matrose, unserer Förderin gut bekannt als Nachbarsjunge aus Ratzeburg, war unter den Ertrunkenen.

Eine umständliche Fahrt sei es immer dorthin, so erzählt sie merklich bewegt. Dennoch lässt sie sich die jährliche Reinigung der Stele im Sommer nicht nehmen, seit den 60ern bis heute. „Es liegt mir am Herzen, der Mannschaft ein würdiges Andenken zu bewahren“, erklärt uns Karla Freifrau von Malapert-Neufville.

Der historische Friedhof an der Christianskirche ist Grablege des 1803 verstorbenen deutschen Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock und Gedenkstätte für den 1959 verstorbenen Schriftsteller und Publizisten Hans Henny Jahnn. Der Gottesacker gilt als beredtes Zeugnis zur Grabkultur des 19. Jahrhunderts. Doch der bedenkliche Zustand seiner Grabanlagen hatte die versierte Fremdenführerin schon lange in Sorge versetzt. Die Kiesbetten fast unkenntlich, die Rhododendronhecken verwildert – insgesamt bot der Friedhof über lange Zeit ein eher düsteres Bild. Viele der knapp dreihundert historischen Grabsteine waren unter wucherndem Grün versteckt.

Umso verblüffter hatte sie bei einem ihrer letzten Besuche festgestellt, dass eine interessante Entwicklung im Gange zu sein schien. Die Wege waren plötzlich sorgfältig und wie von Geisterhand geharkt, auch 'ihr' Grabstein fachmännisch blankgeputzt, das wuchernde Grün zurückgeschnitten, Kiesel hielten neues Unkraut im Wuchs zurück. Einer der ältesten Grabsteine war gefunden worden – er war nun gut sichtbar an der Rückseite des Chors an der Fassade angebracht. Sie konnte sich das kleine Wunder vom Ottenser Friedhof nicht erklären und rief ratsuchend in der Bonner Geschäftsstelle an. Ein kurzer Blick in die Liste geförderter Projekte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz genügte – richtig: 'Hier fördern wir'. Der stattlichen Spende eines Jubilars, der seine Gäste um Spenden für den Historischen Friedhof gebeten und die Summe noch tüchtig aufgestockt hatte, hatte nicht nur einen Fördervertrag mit der Kirchengemeinde ermöglicht, sondern unserer überraschten Förderin an jenem Tag einen sprachlosen Moment der Freude geschenkt.

Die vielen kleinen, versteckten Geschichten, die unter windschiefen Grabsteinen und weichem Moos auf dem Hamburger Friedhof verborgen liegen, haben offenbar bereits Heinrich Heine inspiriert. „Ich kenne keine Gegend“, so schwärmte er im Jahr 1833, „wo ein deutscher Dichter so gut begraben liegen kann wie dort.“


Es liegt mir am Herzen, der Mannschaft ein würdiges Andenken zu bewahren
Karla von Malapert-Neufville