Jüdisches Leben gab es immer in Deutschland – im thüringischen Schmalkalden ist es seit etwa 1300 nachgewiesen. Mit dem „Rintfleisch-Pogrom“ waren auch hier Juden von Verfolgung betroffen - ein Massenmord, der um das Jahr 1298 vor allem in Franken stattgefunden hat. Rintfleisch – je nach Quelle war er Raubritter oder Fleischermeister – verkündete, er habe vom Himmel eine persönliche Botschaft erhalten und sei zum Vernichter aller Juden ernannt worden. Damals wurden etwa fünftausend Juden ermordet. Auch in den folgenden Jahrhunderten wurden Juden beschuldigt, als Brunnenvergifter gebrandmarkt, erschlagen, wurden immer wieder Opfer. Erst seit 1611 lebten wieder nachgewiesen Juden in Schmalkalden. Davon zeugt ein sensationeller Zufallsfund, als mitten in der Altstadt ein Gewölbekeller und darin eine Mikwe – ein rituelles Tauchbad – aus genau jener Zeit entdeckt wurde. Jetzt soll das uralte Zeugnis jüdischen Lebens in Schmalkalden freigelegt werden.
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In direkter Nachbarschaft zur 1938 zerstörten Synagoge
90 Prozent der spätmittelalterlichen Fachwerkhäuser sind in Schmalkalden erhalten geblieben. Im Rahmen ihrer Bauarbeiten zum Sanierungs- und Neubaukomplex „Lutherloft“ führte das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege 2015 archäologische Untersuchungen durch. Dabei entdeckte man im Hof des Fachwerkhauses Hoffnung 38 einen Gewölbekeller und darin das Tauchbad. Die Mikwe befand sich in direkter Nachbarschaft zur 1938 zerstörten Synagoge in der Judengasse. Das Bauwerk soll in zwei Phasen entstanden sein. Die Forschung darum dauert noch an. Der älteste Teil wird dem späten 14. oder frühen 15. Jahrhundert zugeordnet. Der zweite Teil fällt in die Bauzeit der Synagoge. Diese entstand 1622 und existiert heute nicht mehr.
Die Kellermikwe wurde hauptsächlich durch Grundwasser gespeist. Sie besaß insgesamt vier Schächte. Drei befinden sich eng beieinander, der vierte ist durch eine hölzerne Wasserleitung mit steingefasstem Überlauf zum Ensemble verbunden. Zwei Stufen führen zum wichtigsten Element der Mikwe hinab, deren Boden mit Steinplatten ausgelegt ist. Das Fassungsvermögen beträgt etwa einen Kubikmeter Wasser. Hier wurden über Jahrhunderte Personen durch vollständiges Untertauchen rituell gewaschen.
Der durch die Holzwasserleitung verbundene separate Schacht ist relativ klein. Er diente wahrscheinlich dem Kaschern von Geschirr, bei dem nicht koschere Behälter und Gegenstände koscher gewaschen werden, denn Milchiges und Fleischiges sind nach den jüdischen Speisegesetzen immer zu trennen – sowohl räumlich, als auch zeitlich. Die beiden anderen Schächte gehören der älteren, spätmittelalterlichen Mikwe an. Diese spätmittelalterliche Mikwe liegt unter der frühneuzeitlichen und wurde nicht ausgegraben. Einen weiteren Hinweis auf die Datierung liefern Scherben eines Gefäßes, die Archäologen zusammenfügen konnten und aus dem 15. Jahrhundert stammen.
Erhaltungszustand außergewöhnlich
Der Erhaltungszustand der Anlage ist außergewöhnlich gut. Die Sicherung und Restaurierung der Befunde, aber auch die Zugänglichkeit für Interessierte ist bedeutend. Schließlich ist die Mikwe von Schmalkalden eines der letzten Zeugnisse eines reichhaltigen jüdischen Lebens – nicht nur hier, sondern in ganz Deutschland. Bewahren Sie mit uns dieses Kleinod!
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jüdische Mikwe mit Teilen aus dem späten 14. oder frühen 15. Jhd.; Förderung 2020
Adresse:
Hoffnung 38
98574 Schmalkalden
Thüringen
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