13.09.2010 – Presse

Quartier der Kaufleute

Das Humpisquartier in Ravensburg – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz

Das sogenannte Humpisquartier liegt in einem der ältesten Siedlungsgebiete von Ravensburg. Der Name des Viertels erinnert an die hier ansässige Kaufmannsfamilie, die im Spätmittelalter mit der Gründung und Führung der "Großen Handelsgesellschaft" von 1380 bis 1525 wesentlichen Anteil am Aufschwung der Stadt hatte. Über 100 Jahre bestimmten die Humpis mit Niederlassungen in Genua, Venedig und vielen anderen Handelsstädten den europäischen Handel mit Baumwolle und "oberschwäbischer Leinwand", einem robusten Stoff, der beispielsweise als Segeltuch sehr begehrt war. Die Familie dirigierte ihre Geschäfte von einem mittelalterlichen Häuserkomplex aus, der sich seit dem 12. Jahrhundert in der Ravensburger Oberstadt entwickelte. Die meisten der heute sieben Bauten des Quartiers, die sich um einen Innenhof gruppieren, entstanden mit ihrer qualitätvollen Ausstattung im 15. Jahrhundert. Auch als die Familie Humpis ihren Einfluss und ihren Besitz verlor, verblieben weite Teile „ihres“ Quartiers noch für lange Zeit in den Händen der patrizischen Oberschicht.

Das in einem der ältesten Siedlungsgebiete Ravensburgs liegende Humpisquartier ist ein mittelalterlicher Häuserkomplex, der sich im Hochmittelalter in der Oberstadt entwickelt hat. Benannt ist er nach der Familie, die 1380 die "Große Handelsgesellschaft" gründete. Bis 1525 gehörte die Magna Societas Alamannorum zu den bedeutendsten europäischen Handelsunternehmen, die vor allem mit heimischem Tuch, später auch mit Papier, sowie mit Orientgewürzen und Ölen aus dem Mittelmeerraum handelten. Die Familie trug wesentlichen Anteil am Aufschwung der Stadt im Spätmittelalter, da sie über 100 Jahre lang von hier aus die Niederlassungen in Genua, Venedig und vielen anderen Handelsstädten in Europa leitete. Gerade die robuste "oberschwäbische Leinwand" war als Segeltuch sehr begehrt. Nach der Entdeckung Amerikas und der damit verbundenen Inflation, innerfamiliären Streitigkeiten und dem steigenden Einfluss der auch ins Bankengeschäft einsteigenden Fugger und Welser in Augsburg fehlte den Humpis der wagefreudige Nachwuchs, der ihre alte Position hätte retten können. Die Gesellschaft löste sich daraufhin einfach durch Nicht-Erneuerung der Kontrakte auf.

Das Humpis-Quartier besteht heute aus sieben Bauten, die sich um einen Innenhof gruppieren. In ihrer qualitätvollen Ausstattung entstanden die meisten von ihnen im 15. Jahrhundert. Sie haben sich wohl deshalb erhalten, weil sie nach dem Ausscheiden der Humpis für lange Zeit in den Händen der patrizischen Oberschicht verblieben. Danach nutzten durchweg Handwerker die Gebäude, die sie ebenfalls kaum veränderten, so dass sich der spätmittelalterliche Baubestand mit bemalten und geschnitzten Balkendecken, Treppen und Einbauten bis heute in nahezu ursprünglicher Form erhalten hat. Sogar Reste eines steinernen Wohnturmes sind bis zum bauzeitlichen Fliesenboden weiterhin gut erkennbar.

Das älteste der sogenannten Humpishäuser, von einem Schwiegersohn der Familie erbaut, entstand dendrochronologischen Untersuchungen zufolge um 1470. Über einem massiven Erdgeschoss erheben sich zwei weit hervorragende Fachwerkgeschosse und werden von einem steilen Krüppelwalmdach gedeckt. Das Rauchloch zeugt noch von der ursprünglich kaminlosen Befeuerung des Hauses. Das Haus in der Humpisstraße 5 ist in seinem Inneren und Äußeren ausgesprochen gut erhalten. Als einziges Gebäude des Quartiers sind die Fassaden unverputzt geblieben. In seinem spätmittelalterlichen, stockwerksweise gezimmerten Hausgerüst zeichnet es sich durch seine kräftigen Ständer, sorgfältig gearbeitete Schwalbenschwanzverblattungen und die Konsolen und mächtigen Knaggen, die hölzerne Konsolen im Fachwerkbau, aus. Besonders hervorzuheben ist die Eckstube im zweiten Obergeschoss: sie ist der größte Raum des Hauses, am stärksten durch Fenster beleuchtet mit der aufwendigsten Ausstattung versehen. Die Stube besitzt eine gewölbte Bohlenbalkendecke mit Kielbögen und Rosetten. Die Fensterpfosten sind mit Schuppenrelief und angedeuteten Nischensockeln der Renaissance fein ausgearbeitet.

Am 3. Juli 2009 öffnete in den bereits renovierten Häusern des Quartiers das Städtische Museum für Stadtgeschichte und bürgerliche Kultur seine Pforten.